Sehr geehrte Damen und Herren,
mit 01.01.2022 bzw. 01.07.2022 ist die Wohnungseigentumsgesetz-Novelle 2022 in Kraft getreten und bringt einige Änderungen und auch Erleichterungen für Bestandseigentümer mit sich:

Erleichterung bestimmter Änderungen mittels Zustimmungsfiktion

Um die Umsetzung sogenannter privilegierter Änderungen zu erleichtern, wurde eine Zustimmungsfiktion in § 16 Abs 5 WEG geschaffen: Für bestimmte Änderungen ist nun nicht mehr unbedingt eine gerichtliche Genehmigung oder aktive Zustimmung aller anderen Bestandseigentümer erforderlich. Die Zustimmung gilt bereits dann als erteilt, wenn ein Bestandseigentümer nicht binnen zwei Monaten nach Zugang der Verständigung über die geplante Änderung aktiv widerspricht.

Die Verständigung muss in Textform erfolgen und die geplante Änderung klar beschreiben. Zudem muss in der Verständigung auf die Zustimmungsfiktion hingewiesen werden. Erhebt ein Bestandseigentümer keinen Widerspruch, hat dieser aber trotz Zustimmungsfiktion die Möglichkeit, gegen die Änderung vorzugehen, wenn dadurch eine wesentliche und dauernde Beeinträchtigung vorliegt.

Die Zustimmungsfiktion gemäß § 16 Abs 5 WEG betrifft

– die Installation von Beschattungseinrichtungen (z.B.: Jalousien), sofern sie sich harmonisch in das Erscheinungsbild des Hauses einfügen
– den Einbau einbruchsicherer Türen
– die Anbringung von Ladestationen zum „Langsamladen“ von E-Fahrzeugen
– die barrierefreie Ausgestaltung von Wohnungseigentumsobjekten oder Allgemeinflächen
– die Anbringung von Solaranlagen bei Wohnungseigentumsobjekten, die als Einzel- oder Reihenhäuser gestaltet sind.

Erleichterung von Mehrheitsbeschlüssen

Um die Fassung von Mehrheitsbeschlüssen zu erleichtern, wurde nunmehr alternativ zum bestehenden Mehrheitserfordernis (absolute Mehrheit aller Miteigentumsanteile) eine zweite Mehrheitsvariante eingeführt, die auf die abgegebenen Stimmen abstellt. Bei dieser Variante liegt eine ausreichende Mehrheit bereits dann vor, wenn ein Drittel aller Miteigentumsanteile und zwei Drittel der abgegebenen Stimmen (berechnet nach Miteigentumsanteilen) zugestimmt haben.

Mindestdotierung der Rücklage

Durch die Novelle wird eine gesetzliche monatliche Mindestdotierung in Höhe von EUR 0,90 pro Quadratmeter Nutzfläche zur Bildung von Rücklagen festgesetzt. Eine Unterschreitung ist nur in den gesetzlich vorgesehenen Ausnahmefällen möglich (bei einem besonderen Ausmaß der bereits vorhandenen Rücklagen, wegen einer kurz zurückliegenden Neuerrichtung bzw. durchgreifenden Sanierung oder wenn im Fall einer Reihen- oder Einzelhausanlage die Eigentümer die Erhaltungspflichten vertraglich übernommen haben).